Medienpolitik

Offener Brief 14.10.2021

Es ist Zeit! – Für eine Medienpolitik, die Qualität, Überparteilichkeit und Meinungsvielfalt garantiert.

Es ist Zeit! – Für Recherche, Kontrolle von Mächtigen und Infragestellung von eingeübten Unterwerfungsgesten.

Es ist Zeit! – Für eine Förderung von nichtkommerziellen Medieninitiativen jenseits des Boulevards.

Es ist Zeit! – Die Gutshof Herrenmentalität durch Interessenspolitik auf Augenhöhe zu ersetzten.

 

Weg mit Gratismedien!

Medienpolitik in Österreich ist seit Jahren durch Stillstand charakterisiert. Nicht erst seit der türkisen ‚Schnöseltruppe‘, die akademisch, smart, aus gutbürgerlichem Hause oder Adelsgeschlecht entstammt, jung ist, aber bei Medienpräferenzen gerne mal in den alten Schmuddelkasten greift. Vor allem erstaunt die interne Imagestrategie von „Message Control“, wenn sie an den alten Anfütterungsmodellen festhält, die szeneaffinen Medienkreisen seit langem bekannt sind.

Das sture Festhalten an alten Konzepten wird nun skandalisiert, die das Land seit Jahrzehnten im Griff von wenigen Medienoligarchen hält. – Presseförderung für Trash, Auflagenhöhe als Joker im Spiel der Aufregungsbewirtschaftung – die Korruption, Erpressung und gekauften Meinungsjournalismus als Subkultur normalisiert. Wer sich im Mediensektor seit Jahren auskennt, weiß das. Wer sich kritisch in der Medienszene verhalten hat, kennt das. Wer sich damit arrangiert hat, ist aufgestiegen oder zynisch bitter geworden. Der prekarisierte Rest der kritischen freien Journalist:innen steht unter dem Licht ‚alles gelenkt/Meinungsmache/Lügenpresse‘. Es ist daher auch Zeit, die Gratisblattln aus dem öffentlichen Raum zu entfernen und die Wiener Linien zu fragen, was sie denn davon haben, dass der öffentliche Verkehr von Papier mit Langstrecken-Werbung, Katzenfotos und geilen Aufreißer-Titeln vermüllt wird.

Nichtkommerzielle Medien stärken – Korruption stoppen!

In keinem anderen europäischen Land wird der kommerzielle Mediensektor zusätzlich zum Geschäftsmodel der Werbeeinnahmen von derart hohem Volumen an Steuergeldern querfinanziert. Die Medien, die am lautesten nach einem GIS Gebühren-Aus rufen, greifen gleichzeitig tief in den Fördertopf der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, und bedienen sich üppig aus dem Privaten Rundfunkfonds, der seit Türkis-Blau so gut gefüllt ist wie noch nie zuvor. Die Umverteilung von der Allgemeinheit hin zu Privat-Kommerziellen ist noch immer ein medienpolitisches Geheimnis in der Öffentlichen Debatte: Den kommerziellen Radios und TVs stehen gemeinsam 20 Millionen Euro Förderung zur Verfügung, den 14 Freien nicht kommerziellen Radios und Community TVS dagegen insgesamt 3 Millionen Euro (Verhältnis: 7x mehr Geld aus der GIS für Kommerzielles als für nichtkommerzielles Radio und Fernsehen).

Inserate sparen – Medienförderung erhöhen!

Damit sich dieser Staat vom Imageschaden nach außen und innen erholen kann, muss eine moderne Medienpolitik her! Die Prozesse marktbeherrschender Konvergenzen und datenverwertender Social Media Imperien können durch die Stärkung von nichtkommerzielle Medien- und Netzpolitik verändert und gestaltet werden. Eine nichtkommerzielle Medienpolitik ist nun von höchster Priorität: Medienvielfalt und Demokratie entsteht nicht durch Appelle und moralische Stoßgebete. Und durch Umverteilung wird möglich: Wer die Inseratspolitik stoppt, schafft freie Mittel für ein Ende der muffigen Gewohnheit.

Mit freundlichen Grüßen

Ulli Weish (Radio ORANGE 94.0 Geschäftsführung)

Offener Brief: 03.04.2020

Bezugnehmend auf die geplante Sonderförderung für Medien: https://www.derstandard.at/story/2000116451364/corona-medienfoerderung-15-millionen-mehr-fuer-kommerzielle-privatsender-3-millionen

Die Richtung stimmt nicht.

Während nicht-kommerzielle Medien, insbesondere die Freien Radios und Community TVs in der Corona Krise verlässliche, aktuelle, vielfältige, mehrsprachige Sondersendungen - vieles davon im Ehrenamt - erzeugen (beispielsweise ORANGE 94.0: https://cba.fro.at/447925, FREIRAD 105.9 Freies Radio Innsbruck https://cba.fro.at/448130, Radio Helsinki https://cba.fro.at/series/frequentlyaskedquestions und viele andere mehr!

Während der Verband Freier Radios und der Verband Freier Community TVs seit Jahren für eine strukturelle Verbesserung des nicht-kommerziellen Sektors rennen (werbefrei, offener Zugang, hohe Bildungs- und Demokratierelevanz), um die seit Jahren ausständigen Absicherungen - personell, technisch/Infrastruktur, räumlich etc. - endlich zu erwirken,

während die Programmbeteiligung durch BürgerInnen, ExpertInnen der Zivilgesellschaft pro Jahr mehrere Tausend Menschen zu Wort kommen lassen, Schulungen, Medienproduktionswissen, Nutzung der gemeinnützigen Medieninfrastruktur anbietet, https://www.freie-radios.at/artikel.php?id=980

während die Freien Rundfunksender in ihren Forderungen ständig von seiten der Politik auf Durchhalten, Aushalten, Abwarten gedrängt wird, - vor 1 Jahr wurde der Kommerzielle Rundfunkfonds von 15 auf 20 Mio aufgestockt, der nichtkommerzielle Sektor blieb gleich prekär auf insgesamt 3 Mio Euro für ALLE! - https://www.derstandard.at/story/2000081668231/der-staat-als-moderator-von-kapitalinteressen

WERDEN NUN DIE KOMMERZIELLEN MEDIEN DURCH DIE ZAHLENDE ÖFFENTLICHKEIT ZUSÄTZLICH ZU BEREITS SCHON VÖLLIG UNVERHÄLTNISMÄSSIGEN FÖRDERUNGEN WEITER AUFGEFETTET!

Die Begründung erstaunt! Die Geschwindigkeit irritiert! Die Einseitigkeit erzeugt das Falsche im Falschen!

Wir verlangen eine öffentliche Mediendebatte unter Einbeziehung unser Expertise, unserer Interessen, unserer Leistungen für eine Informationsgesellschaft der Zukunft im direkten Anschluss an die Corona Pandemie! Es kann nicht sein, dass die Regierung vor allem die lautesten, kommerziellen, qualitätsarmen und kontentschwachen bevorzugt, weil sie angeblich höhere Reichweiten als qualitätsvolle, arbeitsintensive, inhaltsreiche und kritische Medien besitzen.

Ich hoffe, sehr, dass das berühmte Gedicht sich in dieser medienpolitischen heiklen Zeit nicht bewahrheitet.

Weltlauf (Heinrich Heine): "Hat man viel, so wird man bald noch viel mehr dazubekommen. Wer nur wenig hat, dem wird auch das wenige genommen. Wenn du aber gar nichts hast, Ach, so lasse dich begraben - Denn ein Recht zum Leben, Lump, Haben nur, die etwas haben."

Mit freundlichen Grüßen

Ulli Weish (Radio ORANGE 94.0 Geschäftsführung)